ARCHITEKTONISCHES ENTWURFSKONZEPT
Geometrien von Kurven und Wölbungen des Reichstagsgebäudes - solche die es gibt und solche die nur mehr in Erinnerungen oder in Plandokumenten existieren - werden in loser Assoziation auf ein extrudiertes „Grundvolumen“ aufgetragen und aus diesem Volumen herausgeschnitten. Es entstehen in das Grundvolumen eingesetzte Außenräume, die vortrefflich mit den Baumkronen des Parks kommunizieren und von außen, vom Park her wie Pavillons genutzt werden können. Im weitesten Sinn wird das neue Gebäude so zu einem Träger von Erinnerungen, vergleichbar mit dem Phänomen des „Wunderblock“, einer immer wieder löschbaren und neu beschreibbaren Wachsplatte, die jedoch stets Spuren des gelöschten speicherte. Sigmund Freud hat dieses Phänomen um 1925 als ein Modell für das Funktionieren des menschlichen Gedächtnisses angeführt.
Bauplastisch verhält sich das neue Gebäude antithetisch zum Reichstag. Während die Plastizität des Reichstags durch Addition, aufsetzen und aufdoppeln auf ein Grundvolumen entsteht, wird sie im neuen BIZ durch Subtraktion erreicht, durch herausschneiden von Räumen aus einem Grundvolumen.
Es entstehen eingebettete AUSSENRÄUME, die das Gebäude von außen verwendbar machen:
- eine überdachte Sitzstufenanlage entlang der Zeltenallee,
- pavillonartige Hohlräume in Richtung des Brandenburger Tors
- Aussichtsplattformen Richtung Reichstag an der Scheidemannstrasse
- Raumbildung zwischen Gebäude und Baumkronen
Das neue Gebäude „schaut“ nach Westen, wie andere am Platz der Republik liegenden Gebäude. Aufgrund der Einbuchtungen, Hohlräume, und Sitzstufen wird das Gebäude jedoch zu einem rundum aktiven Gebäude. Der Eingang ist daher nicht frontal und plakativ, sondern diskret. Besucher aus welcher Richtung immer, rotieren zum überdachten Vorplatz, der sowohl von der Scheidemannstrasse als auch von der Zeltenallee betreten und kontrolliert werden kann.
Genaugenommen ist es jedoch ein „nichtorientiertes“ Gebäude. Es ist so gemacht, dass es natürlich umrundet wird. Alle Seiten des Gebäudes sind aktiv. Alle Seiten können verwendet und „besessen“ werden. Das Gebäude fordert zur Umrundung auf.
FUNKTIONALES NUTZUNGSKONZEPT
Alle öffentlichen Funktionen sind übersichtlich an den Großraum des Foyers angeordnet. Der abgestufte Teil des Foyers erlaubt zusätzlich das Foyer selbst als Bühne, als Theaterraum oder Kinoraum zu nutzen.
BESUCHERFÜHRUNG
Alle Seiten des Gebäudes sind aktive Seiten. Es gibt keine Rückseite. Jede der Seiten des Gebäudes kann Besucher freundlich willkommen heißen und aufnehmen. Die Südseite mit den langgezogenen, geschützten, in das Gebäude eingesetzten Sitzstufen, die Ost- und Nordseite mit den Aussichtsbuchten auf Reichstag, und in den Park Richtung Brandenburger Tor. Und jede der Seiten leitet den Besucher in Richtung eines mit sanften Graserhebungen begrenzten, überdachten Eingangsbereichs, der sowohl an Scheidemannstrasse als auch an die Zeltenallee angrenzt.
Nach der Sicherheitsschleusen betritt der Besucher die zentrale Plattform mit Informationstisch und Kartenverkauf die inmitten eines großangelegten, gestuften Foyers positioniert ist. Über das große gestufte Foyer können alle öffentlichen Funktionen erreicht werden, andererseits ist diese Treppe auch ein Teil des Foyers. Sitz- und Verweilplätze können großzügig bemessen angeordnet werden und der gesamte Bereich kann zu einer einzigen, riesigen Bühne werden.
Zusätzlich erschließen weitere Treppen, Aufzugsanlagen und eine barrierefreie Rampe entlang des inneren Gebäudeperimeters den Großraum.
SICHERHEITSKONZEPT
Das architektonische Konzept des Gebäudes beruht auf der funktionalen Verwendbarkeit der Gebäudehülle, von innen und von außen. Dadurch kann ein freundliches, „offenes“ Gebäude entstehen, das auf Glas, Transparenz und Durchsicht weitestgehend verzichten kann. Glasflächen sind nur im funktional erforderlichen Maß vorgesehen. Ein äußerst robuster, kompakter und übersichtlicher Gebäudeperimeter kann so erreicht werden.
Das Vorfeld des Gebäudes ist zum Park hin übersichtlich gestaltet. Der Zugang zum Vorplatz kann sowohl an der Scheidemannstrasse als auch an der Zeltenallee effektiv kontrolliert werden.
Die Freifeldsicherung erfolgt großräumig an den Parkrändern. Bestehende Mauern und Zäune werden ertüchtigt, neue Poller gesetzt. Die Waldflächen und Wurzelbereiche der Bäume bleiben unangetastet.
LANDSCHAFTSARCHITEKTONISCHES KONZEPT
Sensible und gezielte pflegerische Eingriffe in den waldartigen Baumbestand des nördlichen Tiergartens schaffen eine spannende Balance zwischen Offenheit und Dichte, leiten die Besucher intuitiv, beseitigen Angsträume und behalten Intimität dort wo sie wichtig ist.
In definierten Sichtfeldern werden die hohen Strauchbestände des Waldes durch gezielte Rodung und Rückschnitt reduziert, um den Blick tief in die Vegetation zu ziehen, weite Räumlichkeit zu schaffen. Das neue BIZ ist durch den Filter aus Stämmen hindurch zu erahnen.
Der Gehölzsaum um die Alleebäume wird gelichtet, deren Stämme dadurch sichtbar. Die Alleen können ihre räumliche und lenkende Wirkung wieder entfalten und die Besucher zwischen Brandenburger Tor, Platz der Republik und über die aufgewertete Zeltenallee zum BIZ begleiten.
Die Randbereiche zu den Ehren- und Mahnmahlen sowie nach Süden zur Festmeile auf der Straße des 17. Juni werden durch Schnitt und Artentausch verjüngt, bleiben aber dicht genug um die notwenige Distanz zwischen den ruhigen Gedenkorten und öffentlichem Treiben zu wahren.
Fahrradstellplätze sind direkt an den Parkrändern von den Gehsteigen her erreichbar und in der Nähe von Parkeingängen angeordnet. Die Toilettenanlagen sind gut zugänglich und leicht abgesetzt am Simsonweg, innerhalb des Laubwaldes in zweiter Reihe hinter den Alleen untergebracht. Die großartige Allee bleibt frei.